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Zeus

Der verzweifelte Versuch, der Welt eine - meine - Sicht der Dinge aufzuzwingen.

24.1.05

De evolutionibus

Neben Faust und wissenschaflichen Artikeln zum Thema Spieltheorie, Mutli-Agent-based Systems, Evolution, Strategie, John Nash etc. ist auch ein bekanntes Werk von Jacques Neirynck Bestandteil meiner aktuellen Lektüre: Le huitième jour de la création - Introduction à l'entropologie.

Dieses Buch ist eine wissenschafts- und technokritische Abhandlung von wissenschaftlicher Gründlichkeit. Die Evolution des Menschen und der begleitenden Technik zur heutigen Technokratur und Technologieabhängigkeit wird aufs universelle Grundprinzip der Entropie zurückgeführt: Die ständige Entwertung der Energie als Motor des Seins und nicht-Seins; die Ordnung des Lebens als Möglichkeit zur noch schnelleren Transformation von geordneten Strukturen in Unordnung.

Ein paar Passagen und Schlüsselthesen möchte ich an dieser Stelle zitieren, weil sie mir besonders zutreffend und bemerkenswert erscheinen.

Betreffend der Verteilung von Macht und Wissen: Le dichotomie du pouvoir (pp. 47)
La dichotomie entre le pouvoir de fait des techniciens et le pouvoir institutionnel des bavards a quelque chose de rassurant pour l'opinion publique. Si les techniciens combinaient le pouvoir sur la matière, celui de l'argent et celui du droit, ils seraient en situation de dictature. Le politicien incompétent, le syndicaliste verbeux et l'écrivain décadent représentent bien mieux la majorité silencieuse que le mathématicien rigoureux ou l'ingénieur austère. L'incompétence technique n'est pas un inconvénient s'il s'agit de représenter des ingares. En fin de compte, la médiocricité intellectuelle, l'étroitesse des vues et l'ignorance scientifique sont autant d'atouts pour un homme politique qui désire incarner les masses.
Il n'en reste pas moins qu'il est paradoxal de confier des décisions majeures à des hommes qui n'en comprennent pas toute la portée. Il es impossible de prétendre que la meilleures solution sera trouvée par celui qui ignore certaines donnéesdu problème parce qu'il ignore ces données. Cela n'est soutenable que si l'on ajoute, au pouvoir institutionnel, un autre pouvoirocculte, d'ordre magique vaguement désigné sous le non d'intuition politique.


Sehr guet.

Und weiter zitiert er Plato:
"Il n'en est pas moins vrai que toi (le philosophe), tu es pour lui (l'ingénieur) plein de mépris, ainsi que pour l'art qui est le sien; que ce serait en manière d'opprobre que tu le traiterais de mécanicien et que tu ne consentirais ni à donner à son fils la main de ta fille, ni à prendre pour toi la sienne."


Zum Thema Bildung (L'illusion Anthropocentrique (p.55)):
A l'occasion du lancer de la première fusée Ariane, un sondage effectué en France révéla que le Soleil tourne encore autour de la Terre, au moins dans l'esprit d'un Français sur trois. Ainsi, de 1543, date de la publication du "De revolutionibus" par Nicolas Copernic, à 1980, date de cette enquête, plus de trois siècles se sont écoulés durant lesquels des centaines de milliers d'instituteurs ont enseigné à des dizaines de millions de Français que la Terre tourne autour du Soleil en ne convainquant que de deux élèves sur trois.
A partir de cet exemple, on peut imaginer les abîmes d'ignorance du même peuple sur d'autres découvertes des sciences, ainsi que les insuffisances encore plus graves de l'immense majorité des hommes qui ne bénéficient même pas de l'enseignement dispensé dans un pays développé. Quelle peut être la rationalité des décisions démocratiques du peuple français au sujet de la recherche spatiale, de l'énergie nucléaire ou de l'informatique? Quelle peut être l'adéquation entre les conceptions de vie des habitants de la planète et le système technique dans lequel ils vivent?


Sehr Schön.

Man kann durch Schlagen öl mit Wasser mischen (pp. 77):
Cet exemple très simple permet d'imaginer pourquoi les molécules organiques qui forment le substrat de la vie sont apparues spontanément. Il ne sert à rien de calculer la probabilité ridiculement faible qu'avait une de ces molécules d'apparaître spontanément pour en déduire que l'apparition de cette molécule est l'indice de l'existence d'un principe vitaliste quelconque ou d'un coup de pouce d'un Dieu créateur. On peut montrer que l'architecture raffinée de ces molécules correspond à la croissance maximum de l'entropie pou l'environnement.

Dès lors, il n'est plus besoin d'imaginer deux forces opposées puisqu'une seule, la croissance de l'entropie suffit à tout expliquer. Cette explication est surprenante: elle revient à affirmer que le désordre n'est pas l'absence d'ordre mais que l'ordre est, au contraire, l'absence locale et provisoire de désordre. Ces îlots temporaires d'ordre, que nous sommes et que nous créons, résultent de l'excès même de la tendance au désordre.


Und über unsere "illusion téchnique", ein Teufelskreis (p. 101):
Une révolution technique ne crée pas de ressources nouvelles; elle permet d'accéder à des ressources non encore exploitées; elle en amorce l'épuisement qui exigera à terme un nouvelle révolution technique.


Affaire à suivre...

Über Stil und Ästhetik...

Gutmensch, Ästhet, Gentleman, Edelmann, Stilmensch - Versuch einer beschreibenden Definition.
1. Version

Der Ästhet hat Stil. Er liebt Ordnung. Ordnung in allen Bereichen. Er braucht Ordnung; Form von Reinheit auf makroskopischer Stufe. Reinheit im Gewissen, Reinheit im Handeln.

Der Gentleman hat Respekt. Die Ehrfurcht vor dem Gegenüber beeinflusst das eigene Handeln. Das Fremdbild neigt dazu, das Selbstbild zu dominieren. Eigen Interessen werden expliziten oder gedachten Erwartungen von Zweit- und Drittpersonen untergeordnet, und zwar nicht aus einer Position der Unterlegenheit, sondern als Bedürfnis, in Harmonie mit eigenen Prinzipien. Als Stilform.

Der Gutmensch hält sehr viel auf konservativen Werten. Dazu zählen "Selbstverständlichkeiten" wie Höflichkeit, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Respekt... die gar nicht so selbstverständlich sind.

Der Edelmann versucht immer in Einklang und Harmonie mit seiner Umwelt zu leben. Er will ein gutes Bild von sich vermitteln, nicht vortäuschen, sondern seine Werte zeigen. Bedingungslose Hilfsbereitschaft ist davon ebenso eine Folge wie Flucht vor Konflikten.

/!\ Bedrohte Tierart /!\

Rekonstruktion von Diskussioninhalten.

These: Durch seine Charaktereigenschaften ist der Ästhet (Definition siehe in entsprechendem Beitrag) akut vom Aussterben bedroht.

Entwicklung:
Durch seinen zu respektvollen, zu zurückhaltenden und dementsprechend erfolglosen Umgang des (ausschliesslich männlichen) Ästheten gegenüber angehörigen des "anderen" Geschlechts, entzieht dieser dem Genpool konsequent seine Erbinformation. Langfristig über eine oder wenige Generationen hinweg gesehen, begeht er damit evolutionären Selbstmord.

Die Prinzipien- und Werttreue des Gutmenschen veranlasst diesen dazu, egoistisches und Triebverhalten angesichts von evlutionswirksamen kopulationsversprechenden Situationen zugunsten von Ehr- und Respektvorstellungen gegenüber dem beteiligten Partner zu unterdrücken. Der Gutmensch will sich seinem Gegenüber nicht aufzwingen, nicht zuletzt auch aus einer gewissen selbstkritischen Perspektive heraus. Dieser Effekt unterliegt positiver Rückkopplung, da das Rückzugsverhalten durch daraus entstehende Negativerfahrungen lediglich bestätigt und entsprechende Hemmungen und die an den Tag gelegte Zurückhaltung noch verstärkt werden.

Konsequenz:
Als bedrohte Tierart sollten Gutmenschen sich bei der dafür zuständigen Stelle "Pro Specie Rara" (www.psrara.org) melden. Die betroffenen Subjekte werden danach einem sogenannten "Archehof" irgendwo im Emmental zugewiesen, wo sie in Ruhe friedlich weiden können und zur Arterhaltung gezüchtet werden (!!).


Antithese: Der Ästhet ist eine gutartige aber infertile zufällige Aberration der Evolution

Entwicklung:
Der Antithese liegt im Prinzip dieselbe Entwicklung zugrunde wie bereits der These. Durch sein defensives Paarungs-Verhalten erliegt der Gutmensch der Elimination durch sexuelle Selektion. Als vorsätzlich idealer Schwiegersohn kommt er nur bei Frauen ausserhalb des geburtsfähigen Altersbandes an. Trotz seiner "de facto"-Infertilität, wodurch seine Gene eigentlich laufend dem Genpool entzogen werden, tritt er zwar in gemässigter Häufigkeit aber doch regelmässig wieder in der Population auf. Es besteht also eine genetische Anlage im Genpool, welche die natürliche und spontane Mutation von einzelnen Individuen zum Gutmenschen begünstigt (offenbar eine Anlage auf dem männlichen Y-Chromosom). Dass diese Anlage trotz negativem Evolutionsdruck erhalten geblieben ist, lässt sich einzig durch eine evolutive Notwendigkeit im Hinblick auf den globalen Nutzen für die Population begründen.

Tatsächlich existieren bekannte Beispiele in der Natur von ebenso absurdem Verhalten: in staatenbildenden Insekten-Populationen (z.B. Ameisen, Bienen, etc.) sind nur wenige Individuen zur Fortpflanzung (und also zum Erhalt der Geninformation) befähigt. Der Grossteil der Population dient lediglich dazu, das Überleben dieser Königsindividuen und das optimale Gedeihen des Nachwuchses sicherzustellen. Es bildet sich entsprechend eine zum Teil relativ komplexe Arbeitsteilung und Hierarchiestruktur. Obwohl die Arbeiterinnen keine direkten Nachkommen erzeugen, werden immer wieder Arbeiterinnen geboren, weil ihre Existenz für das Funktionieren des Gesamtsystems von zentraler, überlebenswichtiger Bedeutung ist.

Dieselbe Funktion lässt sich auch den mutierten Gutmenschen zuordnen: Brutpflege.

Die menschliche Rollenteilung hat ihren Ursprung in der Entwicklung des aufrechten Gangs. Aus Stabilitätsgründen und zur erleichterten Fortbewegung hat sich beim Menschen durch den aufrechten Gang sein Becken verschmalert. Gleichzeitig bestand eine evolutionäre Tendenz in Richtung grössere Hirnmasse (500 cm^3 bei den ersten Hominiden bis zu 1500 cm^3 für den Homo sapiens sapiens). Diese beiden Tendenzen stehen in direkter Konkurrenz, da bei schmalem Becken die Kopfgrösse für Kind und/oder Mutter bei der Geburt tödliche Konsequenzen haben kann. Dieses Dilemma löste die Evolution durch die menschliche Frühgeburt. Tatsächlich kommt das Baby unvollständig entwickelt und mit noch nicht geschlossener Schädeldecke zur Welt. Im Gegensatz zum Grossteil der restlichen bewegten Welt finden beim Menschen wichtige Entwicklungsschritte erst ausserhalb des mütterlichen Körpers statt. Dies führt zu einer starken Abhängigkeit des geborenen Lebens von seiner Mutter, was diese davon abhält, weiterhin an der Jagd teilzunehmen, der Vater muss also Jagdaufgaben übernehmen und wird im Gegenzug stärker an die Frau gebunden.

Die Bildung von sozialem Verhalten, Rollenteilung und partnerschaftliche Bindung haben also rein "technischen" Ursprung. Währenddem diese Theorie weiterhum anerkannt ist, sind parallele Ansätze viel umstrittener oder schlicht unbekannt:

Neben der natürlichen Selektion (survival of the fittest) findet in der Natur auch eine sexuelle Selektion statt. Tatsächlich setzt sich meine nächste Semesterarbeit genau mit diesem Umstand auseinander und mit der Frage, unter welchen Bedingungen sich ein Individuum dazu entscheidet, sich stärker in die eine oder andere Richtung der Selektion zu engagieren. Aus technischen Gründen obliegt dabei zumeist dem weiblichen Individuum die Wahl ihres Sexualpartners, was sich traditionsgemäss bis in unsere Gesellschaft fortsetzt. Diese Wahl kann nach unterschiedlichen und zum Teil gegenläufigen Gesichtspunkten erfolgen. Ist der gewählte Partner stark (i.e. erlauben seine Gene den gemeinsamen Nachfahren ein sichereres Überleben?) oder wird er sich um Partnerin und Nachfahren kümmern (i.e. ist die Brutpflege sichergestellt?). Dieses Dilemma kann das Weibchen auf einfachste Weise umgehen: Sexualpartner und Bindungspartner sind nicht identisch. So wählt das Weibchen einen starken Partner für die Kopulation aus, bindet sich danach aber an ein Männchen, das besseren Erfolg in der Brutpflege verspricht. Diese Untreue ist für das Weibchen nur vorteilig, da ihre Gene auf jeden Fall in den entstehenden Nachkommen enthalten sein werden. Statistiken belegen, dass in unserer Gesellschaft solche Kukucks-Kinder keine Seltenheit sind!

Sozialpsychologische Theorien leiten daraus Verhaltensmuster ab, wonach deshalb Männer eher dazu neigen, fremd zu gehen (um Nachwuchs sicherzustellen), Frauen es ihnen aber verzeihen, unter der Bedingung in Zukunft treu zu bleiben (sich also um die gemeinsame Nachkommenschaft zu kümmern).

Unter diesen Bedingungen kommt dem selbst "de-facto"-infertilen Gutmenschen die entscheidende Rolle des Brutpflegers zu. Er übernimmt damit eine für das Fortbestehen der Art wichtige Verantwortung, weshalb sein regelmässiges, zufälliges Spontanauftreten in Form einer Aberration durchaus Sinn macht.

Anmerkungen:
Auf gesellschaftlicher Ebene lässt sich eine vergleichbare Problemstellung ausmachen. Statistisch gesehen haben Akademiker später und weniger Kinder. Menschen aus Hochindustrialisierten Ländern haben zudem wiederum weniger Nachwuchs als die sogenannten "emerging countries". Auf den ersten Blick hat auch dies das langfristige Aussterben des "Mitteleuropäers" respektive des Akademikers zur Folge!! Im Sinne der Antithese könnte der Akademiker allerdings gesellschaftspolitische Bedeutung erlangen und deshalb trotz "evolutionärer Insuffizienz" spontan weiter existieren...

Die Zahl der Kinder (sofern > 2) ist was die Erhaltung der "Art" angeht eigentlich weniger entscheidend als die Vermehrungsrate (also das Alter der Eltern bei der Geburt). Der Vorteil von E. coli besteht nicht darin, bei jeder Zellteilung hunderte Nachkommen zu erzeugen - es entsteht ja nur eine Verdoppelung durch Teilung in zwei Schwesterzellen -, sondern pro Zyklus nur 20 Minuten zu benötigen. Das Wachstum erfolgt exponentiell: mit der Anzahl Nachkommen als Basis und der Rate im Exponenten!

Nun ist dummerweise genau jene Rate ebenso eine Funktion der gesellschaftlichen Stellung wie die Kinderzahl. Die Tage des Wissenschaftlers sind gezählt: Die menschliche Intelligenz ist dahingehend degeneriert, dass ihrem Träger heute daraus ein evolutionärer Nachteil erwächst.

5.1.05

Faust - Studierzimmer (1544 - 1571)

FAUST. In jedem Kleide werd'ich wohl die Pein
Des engen Erdelebens fühlen.
Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Was kann die Welt mir wohl gewähren?
Entbehren sollst du! sollst entbehren!
Das ist der ewige Gesang,
Der jedem an die Ohren klingt,
Den, unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.
Nur mit Entsetzen wach' ich morgens auf,
Ich möchte bittre Tränen weinen,
Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht EINEN Wunsch erfüllen wird, nicht EINEN,
Der selbst die Ahnung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
Die Schöpfung meiner regen Brust
Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch muss ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf das Lager strecken;
Auch da wird keine Rast geschenkt,
Mich werden wilde Träume schrecken.
Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen;
Der über allen meinen Kräften thront,
Er kann nach aussen nichts bewegen;
Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.