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Zeus

Der verzweifelte Versuch, der Welt eine - meine - Sicht der Dinge aufzuzwingen.

24.1.05

/!\ Bedrohte Tierart /!\

Rekonstruktion von Diskussioninhalten.

These: Durch seine Charaktereigenschaften ist der Ästhet (Definition siehe in entsprechendem Beitrag) akut vom Aussterben bedroht.

Entwicklung:
Durch seinen zu respektvollen, zu zurückhaltenden und dementsprechend erfolglosen Umgang des (ausschliesslich männlichen) Ästheten gegenüber angehörigen des "anderen" Geschlechts, entzieht dieser dem Genpool konsequent seine Erbinformation. Langfristig über eine oder wenige Generationen hinweg gesehen, begeht er damit evolutionären Selbstmord.

Die Prinzipien- und Werttreue des Gutmenschen veranlasst diesen dazu, egoistisches und Triebverhalten angesichts von evlutionswirksamen kopulationsversprechenden Situationen zugunsten von Ehr- und Respektvorstellungen gegenüber dem beteiligten Partner zu unterdrücken. Der Gutmensch will sich seinem Gegenüber nicht aufzwingen, nicht zuletzt auch aus einer gewissen selbstkritischen Perspektive heraus. Dieser Effekt unterliegt positiver Rückkopplung, da das Rückzugsverhalten durch daraus entstehende Negativerfahrungen lediglich bestätigt und entsprechende Hemmungen und die an den Tag gelegte Zurückhaltung noch verstärkt werden.

Konsequenz:
Als bedrohte Tierart sollten Gutmenschen sich bei der dafür zuständigen Stelle "Pro Specie Rara" (www.psrara.org) melden. Die betroffenen Subjekte werden danach einem sogenannten "Archehof" irgendwo im Emmental zugewiesen, wo sie in Ruhe friedlich weiden können und zur Arterhaltung gezüchtet werden (!!).


Antithese: Der Ästhet ist eine gutartige aber infertile zufällige Aberration der Evolution

Entwicklung:
Der Antithese liegt im Prinzip dieselbe Entwicklung zugrunde wie bereits der These. Durch sein defensives Paarungs-Verhalten erliegt der Gutmensch der Elimination durch sexuelle Selektion. Als vorsätzlich idealer Schwiegersohn kommt er nur bei Frauen ausserhalb des geburtsfähigen Altersbandes an. Trotz seiner "de facto"-Infertilität, wodurch seine Gene eigentlich laufend dem Genpool entzogen werden, tritt er zwar in gemässigter Häufigkeit aber doch regelmässig wieder in der Population auf. Es besteht also eine genetische Anlage im Genpool, welche die natürliche und spontane Mutation von einzelnen Individuen zum Gutmenschen begünstigt (offenbar eine Anlage auf dem männlichen Y-Chromosom). Dass diese Anlage trotz negativem Evolutionsdruck erhalten geblieben ist, lässt sich einzig durch eine evolutive Notwendigkeit im Hinblick auf den globalen Nutzen für die Population begründen.

Tatsächlich existieren bekannte Beispiele in der Natur von ebenso absurdem Verhalten: in staatenbildenden Insekten-Populationen (z.B. Ameisen, Bienen, etc.) sind nur wenige Individuen zur Fortpflanzung (und also zum Erhalt der Geninformation) befähigt. Der Grossteil der Population dient lediglich dazu, das Überleben dieser Königsindividuen und das optimale Gedeihen des Nachwuchses sicherzustellen. Es bildet sich entsprechend eine zum Teil relativ komplexe Arbeitsteilung und Hierarchiestruktur. Obwohl die Arbeiterinnen keine direkten Nachkommen erzeugen, werden immer wieder Arbeiterinnen geboren, weil ihre Existenz für das Funktionieren des Gesamtsystems von zentraler, überlebenswichtiger Bedeutung ist.

Dieselbe Funktion lässt sich auch den mutierten Gutmenschen zuordnen: Brutpflege.

Die menschliche Rollenteilung hat ihren Ursprung in der Entwicklung des aufrechten Gangs. Aus Stabilitätsgründen und zur erleichterten Fortbewegung hat sich beim Menschen durch den aufrechten Gang sein Becken verschmalert. Gleichzeitig bestand eine evolutionäre Tendenz in Richtung grössere Hirnmasse (500 cm^3 bei den ersten Hominiden bis zu 1500 cm^3 für den Homo sapiens sapiens). Diese beiden Tendenzen stehen in direkter Konkurrenz, da bei schmalem Becken die Kopfgrösse für Kind und/oder Mutter bei der Geburt tödliche Konsequenzen haben kann. Dieses Dilemma löste die Evolution durch die menschliche Frühgeburt. Tatsächlich kommt das Baby unvollständig entwickelt und mit noch nicht geschlossener Schädeldecke zur Welt. Im Gegensatz zum Grossteil der restlichen bewegten Welt finden beim Menschen wichtige Entwicklungsschritte erst ausserhalb des mütterlichen Körpers statt. Dies führt zu einer starken Abhängigkeit des geborenen Lebens von seiner Mutter, was diese davon abhält, weiterhin an der Jagd teilzunehmen, der Vater muss also Jagdaufgaben übernehmen und wird im Gegenzug stärker an die Frau gebunden.

Die Bildung von sozialem Verhalten, Rollenteilung und partnerschaftliche Bindung haben also rein "technischen" Ursprung. Währenddem diese Theorie weiterhum anerkannt ist, sind parallele Ansätze viel umstrittener oder schlicht unbekannt:

Neben der natürlichen Selektion (survival of the fittest) findet in der Natur auch eine sexuelle Selektion statt. Tatsächlich setzt sich meine nächste Semesterarbeit genau mit diesem Umstand auseinander und mit der Frage, unter welchen Bedingungen sich ein Individuum dazu entscheidet, sich stärker in die eine oder andere Richtung der Selektion zu engagieren. Aus technischen Gründen obliegt dabei zumeist dem weiblichen Individuum die Wahl ihres Sexualpartners, was sich traditionsgemäss bis in unsere Gesellschaft fortsetzt. Diese Wahl kann nach unterschiedlichen und zum Teil gegenläufigen Gesichtspunkten erfolgen. Ist der gewählte Partner stark (i.e. erlauben seine Gene den gemeinsamen Nachfahren ein sichereres Überleben?) oder wird er sich um Partnerin und Nachfahren kümmern (i.e. ist die Brutpflege sichergestellt?). Dieses Dilemma kann das Weibchen auf einfachste Weise umgehen: Sexualpartner und Bindungspartner sind nicht identisch. So wählt das Weibchen einen starken Partner für die Kopulation aus, bindet sich danach aber an ein Männchen, das besseren Erfolg in der Brutpflege verspricht. Diese Untreue ist für das Weibchen nur vorteilig, da ihre Gene auf jeden Fall in den entstehenden Nachkommen enthalten sein werden. Statistiken belegen, dass in unserer Gesellschaft solche Kukucks-Kinder keine Seltenheit sind!

Sozialpsychologische Theorien leiten daraus Verhaltensmuster ab, wonach deshalb Männer eher dazu neigen, fremd zu gehen (um Nachwuchs sicherzustellen), Frauen es ihnen aber verzeihen, unter der Bedingung in Zukunft treu zu bleiben (sich also um die gemeinsame Nachkommenschaft zu kümmern).

Unter diesen Bedingungen kommt dem selbst "de-facto"-infertilen Gutmenschen die entscheidende Rolle des Brutpflegers zu. Er übernimmt damit eine für das Fortbestehen der Art wichtige Verantwortung, weshalb sein regelmässiges, zufälliges Spontanauftreten in Form einer Aberration durchaus Sinn macht.

Anmerkungen:
Auf gesellschaftlicher Ebene lässt sich eine vergleichbare Problemstellung ausmachen. Statistisch gesehen haben Akademiker später und weniger Kinder. Menschen aus Hochindustrialisierten Ländern haben zudem wiederum weniger Nachwuchs als die sogenannten "emerging countries". Auf den ersten Blick hat auch dies das langfristige Aussterben des "Mitteleuropäers" respektive des Akademikers zur Folge!! Im Sinne der Antithese könnte der Akademiker allerdings gesellschaftspolitische Bedeutung erlangen und deshalb trotz "evolutionärer Insuffizienz" spontan weiter existieren...

Die Zahl der Kinder (sofern > 2) ist was die Erhaltung der "Art" angeht eigentlich weniger entscheidend als die Vermehrungsrate (also das Alter der Eltern bei der Geburt). Der Vorteil von E. coli besteht nicht darin, bei jeder Zellteilung hunderte Nachkommen zu erzeugen - es entsteht ja nur eine Verdoppelung durch Teilung in zwei Schwesterzellen -, sondern pro Zyklus nur 20 Minuten zu benötigen. Das Wachstum erfolgt exponentiell: mit der Anzahl Nachkommen als Basis und der Rate im Exponenten!

Nun ist dummerweise genau jene Rate ebenso eine Funktion der gesellschaftlichen Stellung wie die Kinderzahl. Die Tage des Wissenschaftlers sind gezählt: Die menschliche Intelligenz ist dahingehend degeneriert, dass ihrem Träger heute daraus ein evolutionärer Nachteil erwächst.

1 Comments:

At 11:03 PM, Anonymous Anonym said...

Aus technischen Gründen obliegt dabei zumeist dem weiblichen Individuum die Wahl ihres Sexualpartners, was sich traditionsgemäss bis in unsere Gesellschaft fortsetzt.Bin da nicht so sicher -- hatten die Frauen bei uns vor 100, 200 Jahren überhaupt die Wahl, wen sie heiraten wollen? Waren nicht vielmehr arrangierte Ehen die Regel? (Klar, eine solche Zweckbeziehung unterbindet ja Fremdgehen nicht, Beweis siehe Emmental :->, aber die Möglichkeit dazu wird sicher zumindest eingeschränkt.)

Ganz zu schweigen von der gegenwärtigen Situation in anderen Kulturkreisen...

Da, wie so oft, solche Überlegungen eh nur Mutmassungen sind und nicht bewiesen werden können, frage ich mich schon manchmal über ihren konkreten Nutzen. Es ist halt, wie es ist. Ein dem Genpool ferngebliebener Brutpfleger wird dank solcher Erkenntnisse wohl auch nur selten glücklicher...?

Ein weiteres solches Beispiel: Wozu gibt es den weiblichen Orgasmus? -- Antworten darauf gibt's ja viele, aber was soll's, zumindest kommen auch Frauen (manchmal :-) auf ihre Rechnung.

 

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